Wir befinden uns nun bereits über 1,5 Jahren in dieser Pandemie und haben uns mehr oder weniger an die Umstände gewöhnt. Trotzdem ist es oft noch so, dass wir Begriffe hören oder sogar selber in den Mund nehmen, ohne genau zu wissen, worum es sich dabei handelt. Einer dieser Begriffe ist „Aerosol“. Was über Aerosole bekannt ist und welche Rolle sie im SARS-CoV-2 Infektionsgeschehen einnehmen, hat die Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF) genauer unter die Lupe genommen.
Die Gesellschaft für Aerosolforschung e. V. (GAeF) wurde 1972 als gemeinnütziger Verein von Pionieren der Aerosolforschung in Deutschland, Österreich und der Schweiz gegründet. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Aerosolforschung auf wissenschaftlicher Ebene national und international zu fördern. Im April 2021 haben sie einen offenen Brief verfasst, der an die Entscheidungsträger der Bundesrepublik Deutschland ging und dazu aufrief, die wesentlichen Erkenntnisse der Forschungsarbeiten auch in praktisches Handeln zu übersetzen. Zusätzlich wollen sie mit einem Positionspapier einen Beitrag zur Bewältigung der durch das SARS-CoV-2 Virus hervorgerufenen Pandemie beitragen, indem es zum Verständnis möglicher Übertragungswege beiträgt.
Menschen sollen wissen, dass die Übertragung der SARS-CoV-2-Viren fast ausnahmslos in Innenräumen stattfindet. Das ist der wichtigste Punkt, den die GAeF in diesem Paper thematisiert. Wenn wir die Pandemie in den Griff bekommen wollen, müssen die Menschen sensibilisiert werden, dass DRINNEN die Gefahr lauert und nicht im Freien, wie etwa im Biergarten oder beim Flanieren auf Flusspromenaden. ‚Clusterinfektionen‘, wie sie in Innenräumen zu beobachten sind, geschehen am häufigsten in Altenheimen, Wohnheimen, Schulen, bei Veranstaltungen, Chorproben oder ähnlichen Situtionen. Dort müssen Maßnahmen ergriffen werden und nicht zusätzlich noch überall im Freien, sodass die Menschen ängstlich und abwertend werden. „Wenn unseren Bürgerinnen und Bürgern alle Formen zwischenmenschlicher Kontakte als gefährlich vermittelt werden, verstärken wir paradoxerweise die überall erkennbare Pandemiemüdigkeit. Nichts stumpft uns Menschen bekanntlich mehr ab als ein permanenter Alarmzustand.“
Dass Viren sich über Aerosolpartikel ausbreiten können, zeigen inzwischen viele wissenschaftliche Studien. Aber wie kann man sich ein Aerosol vorstellen, wenn man es nicht mit dem bloßen Auge sehen kann? Als Aerosol bezeichnet man Luft mit darin verteilten flüssigen und/oder festen Partikeln. Aerosolpartikel sind ca. zwischen 0,001 und mehreren 100 Mikrometern groß und verteilen sich in der Luft relativ schnell, auch über größere Distanzen. Im Gegensatz zu größeren Aerosolpartikel, die - abhängig von ihrer Größe und Dichte - zu Boden sinken, können kleine Aerosolpartikel sehr lange in der Luft verbleiben. Jeder Mensch stößt beim Atmen, sowie beim Sprechen, Husten und Niesen flüssige und unterschiedlich große Aerosolpartikel aus. Wenn eine Person zusätzlich mit einem Virus, wie z. B. SARS-CoV-2, infiziert ist, können ihre Aerosolpartikel Viren enthalten, die nach dem Ausatmen von anderen Personen eingeatmet werden können.
Laut GAeF sollten sich in Innenräumen möglichst wenige Menschen von unterschiedlichen Haushalten treffen und dabei darauf achten, die Länge der Treffen und den Aufenthalt drinnen generell so kurz wie möglich zu halten. Zusätzlich sollte man in Räumen, die sich im Inneren befinden regelmäßig Lüften, damit sich die Raumluft mit Frischluft vermengt. Das Tragen von effektiven, filtrierenden Masken ist in Innenräumen unbedingt notwendig. Da Aerosolpartikel aber mit längerer Verweilzeit in der Raumluft schrumpfen, sind einfache Mund-Nasen-Bedeckungen für den Selbstschutz ungeeignet, da diese hindurchschwirren können. Hierfür sind Atemschutzmasken z.B. der Klassen FFP2, N95 oder KN95 notwendig, die auch feine Partikel gut abweisen können. Eine passgenaue Maske und der daraus resultierende Dichtsitz sind dabei entsprechend wichtig, damit sowohl ein Eigenschutz, aber auch ein Fremdschutz bestehen kann. Auch mobile Raumluftreiniger und Filter können da sinnvoll sein, wo Menschen sich länger aufhalten müssen (Wohnheime, Schulen, Alten- und Pflegeheime, Betreuungseinrichtungen, Büros und andere Arbeitsplätze).
Keine Maßnahme kann für sich alleine funktionieren! Die Kombination der verschiedensten Maßnahmen ist der beste Weg zur Minimierung des Infektionsrisikos und damit der Weg zum Erfolg. Man kann sich also merken, dass Infektion am häufigsten in Innenräumen und nur wenige Promille der Ansteckungen im Freien stattfinden. Direkte Tröpfcheninfektionen können jedoch auch draußen nicht ausgeschlossen werden, insbesondere, wenn Mindestabstände oder die Maskenpflicht bei Menschenansammlungen nicht eingehalten werden. Trotzdem ist es sinnvoll, so viele Veranstaltungen wie möglich, etwa Theater, Konzerte, und Gottesdienste in großen, gut gelüfteten Hallen stattfinden zu lassen oder ins Freie zu verlegen. Im Winter wird das zwar etwas schwieriger, aber ich bin zuversichtlich, dass wir auch diese Zeit gut überstehen werden. Bleibt gesund!