Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion auf das Immunsystem

Höhere Anfälligkeit für Sekundärinfektionen

Ist man nach Corona-Infektion anfälliger für Sekundärinfektionen?

Klar ist, dass das SARS-CoV-2 Virus nicht nur ein einzelnes Organ, sondern den ganzen Körper angreift, weshalb es auch als Multiorganvirus beschrieben wird. Doch wie genau beeinflusst das Virus das Immunsystem? Was dendritische Zellen sind und wieso sie ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems sind, hier in diesem Blogbeitrag zu lesen.

 

Wächter des Immunsystems

Damit eine Immunantwort richtig in Gang gesetzt werden kann, werden dendritische Zellen benötigt. Sie fungieren im menschlichen Immunsystem als eine Art „Wächter“, da sie ihre Umgebung fortlaufend überwachen. Sie nehmen extrazelluläre Pathogene bzw. Antigene aus ihrer Umgebung auf und präsentieren sie dann auf ihrer Zelloberfläche, weshalb sie zu den antigenpräsentierenden Zellen des Körpers gehören. Sie wandern dann in ein sekundär lymphatisches Organ, meist in einen Lymphknoten und lösen dort eine Immunantwort gegen Erreger aus, indem sie T-Zellen des Immunsystems aktivieren. Diese unterstützen wiederum die Bildung von Antikörpern durch B-Zellen. Wie wir wissen, sind Antikörper dann dafür verantwortlich, in den Körper eingedrungene Antigene abzufangen und diese zu blockieren, sodass sie ihre schädliche Wirkung nicht entfalten können. Dendritische Zellen führen die eigentliche Immunantwort also nicht direkt selber aus, sondern aktivieren andere Zellen des Immunsystems.

 

Studienergebnisse anders als zunächst erwartet

Eine Forschergruppe aus München kam nun zu wichtigen Erkenntnissen: Die Zahl dieser dendritischen Zellen im Blut nimmt in Folge einer SARS-CoV-2-Infektion stark ab. Zusätzlich werden sie in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt. Dass Patienten während und direkt nach einer Infektion mit dem Corona-Virus anfälliger für Sekundärinfektionen sein können, ist die Folge dieser Abnahme. Die Forschenden untersuchten Blutproben von 65 COVID-Patienten und konnten dabei feststellen, dass deutlicher weniger dendritische Zellen im Blut vorhanden waren, als bei gesunden Probanden. Zusätzlich beobachteten sie, dass die vorhandenen dendritischen Zellen schlechter T-Zellen aktivieren konnten. „Wir haben eigentlich erwartet, dass dendritische Zellen SARS-CoV-2-Infizierter T-Zellen stärker aktivieren können als dendritische Zellen von Gesunden. Im längeren Verlauf der Erkrankung zeigten die dendritischen Zellen im Blut jedoch Veränderungen, die eher zu einer Hemmung der T-Zell-Antworten führen,“ berichtet Prof. Anne Krug, eine der Studienautorinnen.

 

Eingeschränkte Antwort des Immunsystems ist die Folge

Auch die Regeneration dendritischer Zellen ist eingeschränkt, beziehungsweise verlangsamt. Wissenschaftler vermuten deshalb, dass Patienten während und unmittelbar nach einer SARS-CoV-2-Infektion schlechter Immunantworten auslösen können. Dadurch kann es zu einer leichteren Anfälligkeit für Sekundärinfektionen kommen. Unter einer Sekundärinfektion versteht man eine Infektion, bei der ein weiterer Krankheitserreger einen Organismus befällt, in dem bereits eine Infektion mit einem anderen pathogenen, also krankmachenden, Mikroorganismus vorliegt. Die Forschenden stießen aber auch auf etwas Positives: 90 Prozent der Patienten haben bereits 15 Tage nach der Diagnose Antikörper gegen das SARS-CoV-2-Hüllprotein gebildet. Dadurch konnte eine sehr robuste Immunreaktion gegen das Virus ausgebildet werden. Die negativen Folgen bei der Immunantwort betreffen also scheinbar nicht die Abwehr gegen das Corona-Virus.


Natürlicher Regulationsvorgang als mögliche Erklärung

Es gibt verschiedene Hypothesen für das Absinken der dendritischen Zellen und ihre verminderte Funktionsfähigkeit. Eine davon ist, dass es sich dabei um einen normalen, sinnvollen Regulationsvorgang des Körpers handeln könnte. Bei COVID-19 kommt es teilweise zu sehr starken Entzündungsreaktionen. Es kann sein, dass der Körper daraufhin versucht entzündliche Vorgänge herunterzuregulieren. Dendritische Zellen wandern möglicherweise vom Blut in entzündetes Gewebe, wie etwa die Lunge, sodass weniger von ihnen im Blut zirkulieren. Zu einem klaren Ergebnis sind Forschende jedoch noch nicht gekommen.

 

Fazit

Viele fühlen sich auch nach einer durchgemachten Corona-Erkrankung noch immer schwach, bekommen sogar noch plötzlich andere, belastende Infektionen dazu. Der Grund: Die Zahl und Funktionsfähigkeit der dendritischen Zellen ist deutlich vermindert, sodass SARS-CoV-2-Infizierte deutlich anfälliger für Sekundärinfektionen sind. Damit wir uns nicht infizieren und in diese Situation geraten, ist es derzeit sehr wichtig Hygiene- und Präventionsmaßnahmen zu beachten. Dazu gehören das Nutzen von Impfangeboten, Einhalten der Mindestabstände und das Tragen einer passgenauen und gut filtrierenden Anti COVID-19 Maske. Bleibt gesund!