Chloridoxid trinken, Desinfektionsmittel spritzen und noch viele andere Gerüchte zum Thema Corona schwirren derzeit zahlreich im Internet herum. Dass diese nicht nur verrückt, sondern auch oftmals sehr gefährlich sein können, ist dabei sehr dringend zu beachten. Nun kursiert etwas Neues in den Sozialen Medien: man soll basische Lebensmittel essen, um eine bestehende Corona-Infektion zu behandeln. Doch stimmt das? Was basische Lebensmittel überhaupt sind und wie sie im Körper wirken, hier mehr dazu.
Auf WhatsApp kursiert eine Nachricht, die von einem gewissen Adrián Flores stammt und der behauptet, Infektiologe zu sein. In der Nachricht sind eine Reihe von Lebensmitteln aufgelistet, die im Falle einer Infektion mit COVID-19 angeblich hilfreich seien. Konkret ist von Lebensmitteln die Rede, die "alkalisch über dem Säureniveau des Virus" liegen, dessen pH-Wert "zwischen 5,5 und 8,5 liegt". Das ist jedoch falsch. Der Verzehr von Lebensmitteln, die den Säuregehalt des Virus überschreiten, hat keine nachgewiesene Wirkung bei der Bekämpfung des Virus. Der Aufbau der Nachricht ist fast identisch mit anderen Falschnachrichten, die sich bereits als unwahr erwiesen haben. Grundsätzlich werden bei diesen Falschmeldungen offizielle Präventionsmaßnahmen - Maske tragen, Sicherheitsabstand einhalten, zu Hause bleiben - mit anderen vermischt, die jedoch wenig oder gar keine wissenschaftliche Grundlage haben. Gerüchte wie z. B. der Verzehr von basischen Lebensmitteln oder die Verwendung von Chlordioxid, dem eine heilende bzw. protektive Wirkung nachgesagt wird, verbreiten sich meist sehr schnell.
Die pH-Skala wurde vor mehr als 100 Jahren von einem dänischen Biochemiker erfunden und beschreibt den Säure- bzw. Alkaligehalt einer Lösung. Dieser wird insbesondere von den darin enthaltenen Wasserstoffionen bestimmt, weshalb der pH-Wert eigentlich für "power of hydrogen" steht. Die Skala reicht von 0 bis 14, wobei 0 das Extrem der Azidität (sauer) und 14 das Extrem der Alkalität (basisch) darstellt. Der neutrale Punkt liegt bei 7, der unter anderem von Stoffen wie Wasser eingenommen wird. Wenn wir das schon einmal wissen, können wir sagen, dass die Nachricht einfach und schlicht falsch ist. Denn in der Liste gibt es Lebensmittel, die angeblich einen höheren pH-Wert als 14 haben (Avocados hätten einen pH-Wert von 15,6 und Kresse einen pH-Wert von 22,7), was nicht möglich ist, da die Skala bei 14 endet.
Der pH-Wert in unserem Körper variiert sehr stark von einem Bereich zum anderen. Dabei ist der Säuregehalt im Magen am höchsten, sodass der pH-Wert hier zwischen 1,35 und 3,5 liegt. Dieses saure Milieu ist notwendig, damit die in der Nahrung enthaltenen Proteine so stark zerkleinert werden, sodass ein Speisebrei entsteht. Verdauungsenzyme können dann hier optimal angreifen. Der niedrige pH-Wert bringt einen weiteren Vorteil mit sich: Erreger, wie etwa Bakterien, können in dem extrem sauren Milieu nicht überleben und werden direkt abgetötet. Auch die Haut und die Vagina sind weitere "Hot Spots", an denen der pH-Wert sehr niedrig ist. Im Blut muss der pH-Wert zwischen 7,35 und 7,45 liegen und wird durch körpereigene Mechanismen reguliert und aufrechterhalten. Und diese Zustände sollen nun durch den Verzehr von basischen Lebensmittel verändert werden können?
Juan Pablo Horcajada, Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten am Hospital del Mar in Barcelona, erklärt: "Der pH-Wert des Blutes kann nicht durch den Verzehr von Lebensmitteln verändert werden.“ Der Experte fügt hinzu, dass es Lebensmittel gibt, die den pH-Wert des Urins leicht verändern können, "was aber nichts mit dem Virus zu tun hat". So können zum Beispiel Obst, Gemüse, Salate und Fruchtsäfte leicht alkalisierend, also pH-Wert-erhöhend, auf den Urin wirken. Hingegen gehören Getreide und proteinreiche Nahrungsmittel tierischer Herkunft wie Fleisch, Fisch und Käse, aber auch phosphatreiche Getränke wie Cola zu den Lebensmitteln, die den pH-Wert im Urin senken können. Anna Vilella, Oberärztin der Abteilung für Präventivmedizin und Epidemiologie eines anderen Krankenhauses in Barcelona, sagt außerdem eindeutig: "Lebensmittel können das Virus nicht eliminieren. Entweder emilimiert sich das Virus selbst, oder der Körper oder ein Medikament tut es".
Die Aussage ist also falsch. Der Verzehr von basischen Lebensmitteln hat keine nachgewiesene Wirkung gegen das Virus. Es gibt zwar Lebensmittel, die den pH-Wert des Urins leicht beeinflussen können, was aber überhaupt nichts mit der Bekämpfung des Coronavirus zu tun hat. Um zu vermeiden, dass wir überhaupt erst in diese Situation kommen, sollten wir uns weiterhin an empfohlene Hygiene- und Präventionsmaßnahmen halten. Dazu gehören das Impfen an sich, die Einhaltung von Mindestabständen und das Tragen einer passgenauen und gut filtrierenden FFP2- bzw. Anti COVID-19 Maske. Des Weiteren dürfen wir dubiosen Nachrichten oder Posts im Internet nicht direkt glauben und sie verbreiten und sollten uns stattdessen zunächst ausführlich darüber informieren, ob sie überhaupt der Wahrheit entsprechen.
Einen komprimierten Überblick dazu gibt auch das nachfolgend angeführte kurze Video der dpa (Deutsche Presseagentur).