Neben der Impfstoff-Forschung, läuft seit Beginn der Pandemie auch die Medikamenten-Entwicklung auf Hochtouren. Weltweit arbeiten Wissenschaftler an COVID-19 Medikamenten, die vor allem die Symptome einer Infektion bekämpfen und schwere, sowie tödliche Verläufe verhindern sollen. Eines dieser Präparate könnte schon bald schon zum Einsatz kommen - zumindest, wenn es nach dem Hersteller ginge. US-Forscher haben die Phase-3-Studie von Sabizabulin frühzeitig abgebrochen, da es offenbar so gut wirkt, dass es schnellstmöglich alle bekommen sollten. Wie das Medikament wirkt - und wann es konkret zum Einsatz kommen könnte.
Das besagte Medikament Sabizabulin wurde ursprünglich entwickelt, um Krebs zu behandeln. Laut einer Bekanntmachung des US-Herstellers Veru wirkt es aber offenbar auch sehr gut bei schweren COVID-Verläufen. Das Virus bewegt sich in den Zellen über sog. Mikrotubuli (röhrenförmige Proteinkomplexe). Sabizabulin greift genau dort an und beeinträchtigt somit den Transport. „Es stört diese 'Autobahnen' und lässt sie zusammenbrechen, sodass das Virus nicht mehr von A nach B kommen kann“, erklärte Verus' Vorstandsvorsitzender Mitchell Steiner der „New York Times“. Durch diese Störung wird außerdem der Transport der körpereigenen Zytokine erschwert, sodass Entzündungen eingedämmt werden. Doch wie gut wirkt es tatsächlich? Nach Angaben des Unternehmens konnte das Medikament die Sterberate um 55 Prozent senken. Die Vergleichsgruppe, die aus hospitalisierten Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Verlauf bestand, bekam ein Placebo-Medikament. Die Studie beinhaltete sowohl Omikron- als auch Delta-Infektionen. „Sabizabulin ist das erste Medikament, das eine klinisch und statistisch signifikante Verringerung der Todesfälle bei Krankenhauspatienten zeigt“, sagte Steiner. Das sei „ein großer Schritt nach vorne“.
Anfang April wurde laut Veru nun einstimmig beschlossen, dass die klinische Phase-3-Studie für Sabizabulin zur Behandlung von hospitalisierten COVID-19-Patienten mit hohem Risiko für akutes Atemnotsyndrom vorzeitig abgebrochen werden soll. Der Grund: es liegen angeblich überwältigende Beweise für die Wirksamkeit vor. Das bedeutet, die Ergebnisse seien so gut, dass das Medikament der Allgemeinheit nicht mehr länger vorenthalten werden solle. Der Onkologe Michael Gordon ist einer der Studienleiter. Er sagt, dass die Ergebnisse eine „ziemlich dramatische Verbesserung“ der Sterblichkeit innerhalb von nur 60 Tagen zeigten. Doch Sabizabulin ist nicht das erste Medikament, dessen klinische Studie vor Beendigung abgebrochen wurde. Auch Molnupiravir, ein Präparat, das ursprünglich als Grippemittel entwickelt wurde, überzeugte in den Untersuchungen bereits so erfolgreich, dass diese frühzeitig beendet wurden. Doch Gordon mahnt jedoch noch zur Zurückhaltung bei der Interpretation der Ergebnisse. Bisher handelt es sich bei den genannten Daten lediglich um die Unternehmensangaben – man wartet noch auf eine Bestätigung durch unabhängige Wissenschaftler. Ebenso wenig wurde die Studie bisher in einer Fachzeitschrift publiziert.
Es klingt fast schon zu gut, um wahr zu sein. Irgendwelche Nebenwirkungen muss es doch geben, oder? Laut Veru wurden während der klinischen Studie keine Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit dem Medikament festgestellt, problematische Nebenwirkungen soll es keine geben. Derzeit ist Sabizabulin für Krankenhauspatienten bestimmt. Es soll schwere Verläufe und vor allem Todesfälle unter den hospitalisierten Patienten verhindern. „Der sichtbare Vorteil ist die Sterblichkeit – wer lebt und wer stirbt – nicht wer Sauerstoffmangel bekommt“, betont auch Gordon. Er geht davon aus, dass auch bei anderen Symptomen eine Besserung eintreten könnte. Das Unternehmen arbeitet derzeit an einem Antrag auf Notfallzulassung. Bereits im Januar wurde dem Mittel ein sogenannter „Fast Track“-Status verliehen, der das Zulassungsverfahren beschleunigen soll. Wann diese dann erfolgt, ist unklar. Das Unternehmen rechnet jedoch mit kommendem Herbst und Winter. Da Veru bisher noch nicht im Gespräch mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) war, bleibt es unklar, wann Sabizabulin hier bei uns eingesetzt werden könnte.
Seit Beginn der Pandemie wurden bereits mehrere Präparate zugelassen. Eines davon ist beispielsweise Paxlovid, über das wir hier schon einmal berichtet haben. Es ist tatsächlich das erste COVID-19-Medikament, das einer infizierten Person ärztlich für Zuhause verschrieben werden kann. Das antivirale Medikament, das in Form von Tabletten eingenommen wird, kann schwere Verläufe bis zu 88 Prozent verhindern, sofern die Therapie rechtzeitig begonnen wird. Es ist besonders wichtig, dass Paxlovid innerhalb von fünf Tagen nach Symptombeginn eingenommen wird, da der Verlauf der COVID-Infektion sonst nicht mehr relevant beeinflusst werden kann. Weiter sind in Deutschland auch die antiviralen Medikamente Remdesivir und Molnupiravir zugelassen. Abgesehen davon gibt es auch verschiedene Antikörperpräparate, welche bereits in Deutschland zugelassen sind. Dazu gehören etwa Sotrovimab, Regdanvimab und das Kombi-Medikament Casirivimab + Imdevimab. Auch das Arthritis-Medikament Tocilizumab wird seit Juli befürwortet, da es eine gefährliche Überreaktion des Immunsystems auf das SARS-CoV-2-Virus unterdrückt, indem es das Protein Interleukin-6 (IL-6), das Entzündungsreaktionen reguliert, hemmt.
Es gibt also schon einiges an Medikation, um gegen eine COVID-19 Infektion anzukommen. Mit der Zulassung eines so vielversprechenden Präparats wie Sabizabulin würden wir einen großen Schritt in die richtige Richtung machen. Doch selbst wenn es bald seine Zulassung erhalten könnte, ist es zunächst logistisch einfacher, das Medikament vorerst nur in Kliniken zu verabreichen. Damit es ambulanten Patienten zur Verfügung gestellt werden könnte, müssen sowohl Allgemeinärzte, als auch Apotheker ordentlich aufgeklärt werden. Damit man also gar nicht erst in eine Situation kommt, in der man ein COVID-19-Medikament braucht, empfehlen wir eine Anti COVID-19 bzw. FFP2-Maske, um sich initial vor einer Ansteckung zu schützen. Denn auch wenn es vielerorts keine Maskenpflicht mehr gibt, heißt das nicht, dass man sich nicht mehr schützen sollte.