Gibt es Menschen, die nicht an Corona erkranken können?
Tagtäglich inizieren sich mehrere hunderttausende Menschen auf der ganzen Welt. Während sich einige trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bereits mehrfach angesteckt haben, bleiben andere komplett verschont. Doch wie kann das sein? Diese Frage beschäftigt Wissenschaftler schon seit langem. Eine mögliche Hypothese: es liegt an den Genen – aber nicht nur. Der ubumask-Blog erklärt, woran es liegen kann, dass sich manche Menschen nie mit Corona anstecken und stattdessen scheinbar „immun“ dagegen sind.
Wer noch kein Corona hatte, hat keine Freunde?
Ständig hört man im Freundeskreis, auf der Arbeit oder von den Nachbarn: schon wieder wurde jemand positiv getestet. Corona scheint überall zu sein, immerhin haben sich mittlerweile mehr als 25 Millionen Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus infiziert. Manche schlagen sich bereits zum wiederholten Mal mit dem Virus herum, andere haben sich bisher noch überhaupt nicht ansteckt. Warum infizieren sie sich nicht bzw. werden zumindest nicht krank? Eine gewagte These hat nun der koreanische Arzt Ma Sang-hyuk aufgestellt: „Die Erwachsenen, die sich bis jetzt noch nicht mit COVID-19 infiziert haben, haben zwischenmenschliche Probleme“, schrieb der Mediziner am 16. März auf Facebook, wie die südkoreanischen Tageszeitung „The Korea Herald“ berichtet. Kein Corona, keine Freunde? Nicht ganz, denn auch wenn das Kontaktverhalten natürlich der größte Hebel ist, um eine Corona-Infektion zu verhindern oder zu provozieren, hat er mit dieser gewagten Aussage nicht recht. Nach kurzer Zeit hat er seinen Post dann wieder gelöscht.
Mehrere Hypothesen denkbar - Möglicher Faktor 1: Erbgut
Es kann nicht nur am Kontaktverhalten liegen, denn manche Menschen haben sogar dann einen negativen Test in der Hand, wenn sie mit infizierten Familienmitgliedern unter einem Dach leben und sich in einer kleinen Wohnung den Esstisch und das Bett teilen. „Warum einige ungeimpfte Menschen besser vor SARS-CoV-2 und seinen Varianten geschützt sein könnten, ist nicht einfach zu beantworten. Es gibt bislang eigentlich nur Hypothesen zu dieser Fragestellung“, sagt Carsten Watzl, Leiter des Forschungsbereichs Immunologie an der TU Dortmund. Ein möglicher Faktor könnte das Erbgut eines Menschen sein. Es ist bekannt, dass das Virus den ACE-2-Rezeptor verwendet, um in die Wirtszellen zu gelangen und sich zu vermehren. „Da die Menschen genetisch nicht gleich sind, können minimale Variationen bei Höhe, Breite, Tiefe oder Ähnlichem beim Gen für den ACE-2-Rezeptor auftreten“, erklärt Watzl. Durch Abweichungen im Rezeptor könnte das Virus bei einem Menschen also besser auf den Rezeptor passen als bei anderen. Daraus folgt: Der eine steckt sich leichter an als der andere.
Möglicher Faktor 2: Die Blutgruppe
Laut französischen Forschern der Universität Nantes könnte es außerdem einen möglichen Zusammenhang zwischen der Blutgruppe und einer COVID-19-Übertragung geben. Zu den Befragten gehörten mehr als 300 Paare, die in einem Haushalt lebten und sich ein Schlafzimmer teilten. Die Forscher stellten fest, dass die Übertragung von SARS-CoV-2 häufiger passierte, wenn die Blutgruppen der Partner kompatibel waren. Kompatible bedeutet, dass die beiden Blutgruppen bei einer Transfusion zueinander passen. Weiter fanden sie heraus, dass auch die Blutgruppe des Einzelnen beim Infektionsrisiko offenbar eine Rolle spielt: Das geringste Infektionsrisiko haben der Studie zufolge Menschen mit der Blutgruppe 0. Dafür können sie das Virus besonders gut weitergeben. Das höchste Infektionsrisiko haben Menschen mit der Blutgruppe AB, die in Deutschland aber nicht so weit verbreitet ist. Am häufigsten infizierten sich, in absoluten Zahlen, Menschen mit der Blutgruppe A, da diese bei uns sehr weit verbreitet ist.
Möglicher Faktor 3: Das Immunsystem
Jedoch spielen nicht nur erbliche Faktoren eine mögliche Rolle, sondern auch die körpereigene Abwehr. Unser Immunsystem besteht aus einem angeborenen und einem erworbenen Anteil. Ersteres reagiert relativ schnell, dafür aber wenig spezifisch auf Krankheitserreger. Hingegen ist das erworbenes Immunsystems lernfähig, sodass es gezielt auf spezielle Krankheitserreger reagiert. Es „erinnert“ sich an Erreger, mit denen es in der Vergangenheit schon einmal in Berührung gekommen ist. Tatsächlich ist SARS-CoV-2, mit dem wir uns seit mehr als 2 Jahre herumschlagen, keine Neuheit. Stattdessen ist es eine neuartige Variante aus der Familie der Coronaviren, die Forscher schon Mitte der 1960er-Jahre identifiziert haben. So gibt es Coronaviren, die nur harmlose Erkältungen auslösen, und andere, die hingegen schwere Erkrankungen verursachen. Wenn der Körper nun mit einem Virus wie SARS-CoV-2 in Kontakt kommt, bildet er Antikörper, deren Aufgabe es ist, das Virus zu neutralisieren.
COVID-Teilimmunität durch T-Zellen?
Auch T-Zellen stellen einen Teil der körpereigenen Abwehr dar. Sie erkennen eingedrungene Krankheitserreger und zerstören diese. „Es gibt T-Zellen, die wahrscheinlich Relikte früherer Infektionen mit Coronaviren sind. Sie sind imstande, ein SARS-CoV-2 oder Bruchstücke davon zu sehen“, sagt Immunologie-Professor Watzl. Laut verschiedener Studien variiert der Prozentsatz der Menschen, die solche kreuzreaktiven T-Zellen haben, zwischen 30 und 40 Prozent. Schon während der ersten Corona-Welle 2020 hatten Forscher des Karolinska-Instituts in Stockholm beobachtet, dass auch Menschen mit leichten oder asymptomatischen COVID-19-Verläufen eine T-Zellen-vermittelte Immunität gegen das neuartige Coronavirus entwickeln. Und zwar auch dann, wenn keine Antikörper nachgewiesen werden konnten. Eine interessante Gruppe waren Familienmitglieder, die mit COVID-Kranken zusammengelebt hatten, selbst aber gesund blieben. Sehr viele von ihnen hatten eine T-Zell-Antwort und manche auch Antikörper entwickelt, obwohl sie gar nicht krank waren. Es entsteht eine sog. Teilimmunität. Laut neuester Erkenntnisse soll die T-Zell-Immunität um das 30 bis 40-fache besser gegen die Omikron-Variante schützen als Antikörper. Darauf deutet eine weitere Studie hin, die im Januar dieses Jahres im Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht wurde. „Bei den meisten Individuen scheint es so zu sein, dass die nach einer Infektion oder Impfung gebildeten T-Zellen auch die Omikron-Variante erkennen können. Im Gegensatz zu den gebildeten Antikörpern.“ so Marcus Buggert, Autor der Studie.
Fazit
Es hängt also möglicherweise von unseren Genen, unserer Blutgruppe oder vom Immunsystem ab, wie stark und ob uns das Virus trifft. Jedenfalls bedeutet es definitiv nicht, dass man zwischenmenschliche Probleme hat, jedenfalls nicht direkt. Ein paar Tage nach seinem umstrittenen Post hat Ma Sang-hyuk klargestellt, wie seine Aussage gemeint gewesen sei: „metaphorisch“ nämlich. Um uns in erster Linie vor einer Ansteckung zu schützen, hilft der Griff zur FFP2- bzw. Anti COVID-19 Maske; sie stellt in dieser Pandemie das einfachste und wirksamste Mittel gegen eine Infektion dar. So können wir unsere zwischenmenschlichen Beziehungen pflegen, aber gleichzeitig geschützt sein und uns sicherer fühlen.
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